| | | Berliner Zeitung 30.03.2005 |
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MISSION APOLLO 18 Die Zeichnerin Anne Rinn stellt in der Berliner Galerie Weißer Elefant ihre "Frau im Mond"-Serie vor
Erschienen: 30.03.2005 Medium: Berliner Zeitung Autor: Anke Springer
Die Zeichnerin Anne Rinn findet ihre Motive weit über unseren Köpfen. Sie schickt die Betrachter dieser Bilder bis auf den Mond und konfrontiert sie dort mit einer Weltraum-Mission, die es nie gegeben hat. Die Ausstellung "Apollo 18" in der Galerie Weißer Elefant steht für eine Begegnung mit der Frau im Mond, fast so, wie der Regisseur Fritz Lang sie sich einst in seinem Stummfilm so ausgedacht hatte. Was Anne Rinn aufs Papier setzt, ist aber zugleich auch eine Aufforderung ans Publikum, zu suchen und zu forschen.
Wie Steckbriefe überschreibt Anne Rinn ihre Buntstiftbilderserie mit dem Ausdruck "Wanted". Darin sind etwa Vermessungsgeräte abgebildet, die Astronauten bei vergangenen Apollo-Missionen zurückgelassen haben. Die 18. kann es jedenfalls nicht gewesen sein, diese hier ist einzig eine Erfindung der Künstlerin. Wer sich auf ihre spielerische Einladung einlässt, findet aber noch viel mehr auf den Blättern als bloß Weltraumschrott. Er erhält Signale von Wesen fremder Galaxien, die sich ebenfalls bemühen, uns ihre Welt verständlich zu machen. Das hat viel mit Science Fiction zu tun, ist deshalb aber noch lange nicht Krieg der Sterne. Anne Rinn sendet gleichsam Sinn ihre eigenen Tuschezeichnungen ins All, so wie 1977 von Wissenschaftlern der Nasa in den "Golden Records" der Voyager-Missionen Fotos und Schallplatten versandt wurden. Anders ausgedrückt: Rinn setzt sich mit dem Spiel von Realität und Illusion auseinander.
Die 37-Jährige Tübingerin illustriert mit spitzen Bleistift und wenigen Farben einen augenzwinkernden kosmischen Dialog. Im zweiten Teil der Ausstellung setzt sich dieses Thema mit älteren Arbeiten fort. Rinn führt ihre Zeichnungen dabei bis auf die schlichtesten Formen zurück. Eine davon zeigt bloß noch einen Punkt auf weißem Papier, mehr nicht.
Dann wieder verteilen sich über einen Bogen so viele Details, dass die Linien vor den Augen zu flirren beginnen. Die Striche verheddern sich geradezu, leiten den Blick kreuz und quer über das Blatt und verschmelzen dennoch zu einem harmonischen Ganzen, das mitunter an Zellgewebe erinnert. Immer wieder spielt das Thema Metamorphose eine Rolle: hier vielleicht die Anmutung einer Zellteilung als Ursprung jeden Lebens, dort der Wandel vom Affen zum Menschen oder die biblische Entstehung der Frau aus der Rippe eines Mannes.
Manchmal sieht es aus, als ob die Künstlerin für diese Bilder nur ein einziges Mal den Stift ansetzen musste, um mit einer Linie und Leichtigkeit das ganze Motiv zu beschreiben. Dann wieder wirken die Arbeiten aufgesetzt und schablonenartig schwer. Kommt wie auf einigen, wenigen Bildern Farbe dazu, verleiht sie den harten Kontrasten eine warme, ruhigere Ausstrahlung. Grünlicher Nebel umwabert ein amorphes Gebilde. "Aerophyt" hat Anne Rinn das Bild genannt und unterstreicht mit diesem wissenschaftlich klingenden Titel umso mehr das Mysteriöse.
Das Bild aus dem Zyklus "Schwarze Wolke, Grüne Wolke" könnte auch genauso gut eine Fortsetzung ihrer Mond-Mission sein - die Antwort vom Mars, vielleicht.
Galerie "Weißer Elefant", Auguststraße 21, bis 16. April, Di-Fr 13-18 Uhr, Sa 13-17 Uhr.
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